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Erbrechtskanzlei Papenmeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht



Pflichtteil

Das Pflichtteilsrecht sichert die verfassungsrechtlich geschützte Mindestteilhabe der Pflichtteilsberechtigten am Nachlass. Bei der praktischen Umsetzung helfe ich Ihnen gern.
  1. Was ist der Pflichtteil?
    1. Wann ist der Pflichtteil fällig?
    2. Wer muss den Pflichtteil bezahlen?
    3. Kann der Pflichtteilsberechtigte bereits zu Lebzeiten des Erblassers eine Auszahlung verlangen?
  2. Wer ist pflichtteilsberechtigt und mit welcher Quote?
    1. von der Erbfolge ausgeschlossen (enterbt)
    2. Erbe mit Beschränkungen oder Beschwerungen (§ 2306 BGB)
    3. Pflichtteilsentziehung
  3. Was ist der ordentliche Pflichtteilsanspruch?
  4. Was ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
    1. Was ist eine Schenkung?
    2. Wer muss den Pflichtteilsergänzungsanspruch bezahlen?
    3. Sonderfall: Lebensversicherung mit Bezugsrecht
  5. Was ist der Zusatzpflichtteil?
  6. Wie berechnet sich der Pflichtteil?
    1. Berechnung des Pflichtteilsanspruchs
    2. Was gehört zum Nachlass?
    3. Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs
    4. Anrechnung von Vorempfängen
    5. Ausgleichung (Ausstattungen, etc.)
    6. Rückschenkung
  7. Wert der Nachlassgegenstände
  8. Muss der Erbe Belege vorlegen?
  9. Wann verjährt der Pflichtteilsanspruch?
  10. Wie setze ich meinen Pflichtteilsanspruch durch?
    1. Stufenmahnung
    2. Durchsetzung vor Gericht
    3. Eidesstattliche Versicherung
    4. Was ist, wenn der Erbe lügt?
  11. Wie erstelle ich ein Nachlassverzeichnis?
  12. Was ist ein Pflichtteilsverzicht?
  13. Was muss ich bei der Gestaltung eines Testaments beachten?
    1. Schenkung - mit warmer Hand geben
    2. Pflichtteilsstrafklausel beim Berliner Testament
    3. Künstliche Erhöhung des Pflichtteils vermeiden

Was ist der Pflichtteil?

Der Erblasser kann frei entscheiden, wer seinen Nachlass erhält. Der Pflichtteil schränkt diese Freiheit ein und sorgt dafür, dass ein Teil des Nachlasses an enge Familienangehörige des Erblassers fällt (Abkömmlinge, Ehegatte, Eltern). Wenn die Pflichtteilsberechtigten enterbt sind und auch kein Vermächtnis erhalten, dann steht Ihnen ein Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils zu. Pflichtteil Der Pflichtteil ist Pflicht...

...für den einen eine schöne ...für den anderen eine lästige

Der Erblasser setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Er hinterlässt ein Reinvermögen von 100.000 €. Der (einzige) Sohn des Erblassers erhält 1/4 des Nachlasses (25.000 €) als Pflichtteil.

Wann ist der Pflichtteil fällig?

Der Pflichtteilsanspruch richtet sich auf Geld und ist sofort mit dem Erbfall fällig.1 Der Erbe muss sofort zahlen, auch wenn kein Barvermögen vorhanden ist. Der Erbe kann weder warten, bis er einen Erbschein hat, noch kann er warten, bis eine Nachlassimmobilie veräußert ist. Ausnahmsweise kann der Erbe in Härtefällen eine Stundung des Pflichtteilsanspruchs verlangen.

§ 2331a BGB Stundung
(1) Der Erbe kann Stundung des Pflichtteils verlangen, wenn die sofortige Erfüllung des gesamten Anspruchs für den Erben wegen der Art der Nachlassgegenstände eine unbillige Härte wäre, insbesondere wenn sie ihn zur Aufgabe des Familienheims oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsguts zwingen würde, das für den Erben und seine Familie die wirtschaftliche Lebensgrundlage bildet. Die Interessen des Pflichtteilsberechtigten sind angemessen zu berücksichtigen.

Der Erblasser setzt seine Ehefrau zur Alleinerbin ein. Der Nachlass besteht im Wesentlichen nur aus dem Einfamilienhaus, das von beiden bewohnt wird. Die Ehefrau hat auch sonst kein nennenswertes Vermögen. Wenn der Sohn des Erblassers jetzt seinen Pflichtteil verlangt, wird der Anspruch gestundet. Die Ehefrau muss ggf. Raten und Zinsen zahlen und der Sohn erhält möglicherweise eine Sicherung seines Anspruchs im Grundbuch.

Wer muss den Pflichtteil bezahlen?

Schuldner des Pflichtteils ist der Erbe. Wenn es mehrere Erben gibt, kann der Pflichtteilsberechtigte sich einen Erben heraussuchen, den er in Anspruch nimmt. Er kann aber auch mehrere Erben oder alle Erben in Anspruch nehmen. Die in Anspruch genommenen Erben müssen zahlen und den Betrag dann untereinander ausgleichen. Beim Pflichtteilsergänzungsanspruch haftet der Beschenkte, wenn der Nachlass nicht ausreicht.

Kann der Pflichtteilsberechtigte bereits zu Lebzeiten des Erblassers eine Auszahlung verlangen?

Vor dem Tod des Erblassers hat der Pflichtteilsberechtigte keine Ansprüche. Er kann insbesondere keine Auszahlung verlangen. Es ist jedoch möglich, bereits vor dem Tod des Erblassers auf den Pflichtteil zu verzichten. Wenn sich der Erblasser und der Pflichtteilsberechtigte einig sind, kann der Pflichtteilsberechtigte bereits zu Lebzeiten eine Abfindung erhalten. Der Erblasser erhält dafür seine Testierfreiheit, wenn der Pflichtteilsberechtigte einen (notariellen) Pflichtteilsverzicht erklärt.

Wer ist pflichtteilsberechtigt und mit welcher Quote?

Pflichtteilsberechtigt sind
  • Abkömmlinge,2
  • Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner und
  • Eltern, wenn es keine Abkömmlinge gibt.
Geschwister erhalten keinen Pflichtteil. Enkel erhalten nur dann den Pflichtteil, wenn der Elternteil weggefallen ist, der das Kind des Erblassers ist.3. Pflichtteilsberechtigt ist nicht, wer einen Pflichtteilsverzicht erklärt hat.

Die Pflichtteilsquote ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, den der Pflichtteilsberechtigte erhalten hätte, wenn er nicht enterbt wäre. Die höchste mögliche Pflichtteilsquote ist 1/2. (Zum Beispiel, wenn es nur ein Kind gibt, das aber enterbt ist.)

PflichtteilsrechnerPflichtteilsrechner
Mit meinem Pflichtteilsrechner können Sie ermitteln, ob sie pflichtteilsberechtigt sind und wie hoch Ihre Pflichtteilsquote ist.

Von der Erbfolge ausgeschlossen (enterbt)

Den Pflichtteil erhält nur derjenige, der durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen ist.4 Der Erblasser kann im Testament eine Person ausdrücklich enterben. Das kommt aber selten vor. Häufiger ist der Fall, dass der Erblasser anordnet, wer seine Erben sein sollen. Wer nicht genannt ist, ist automatisch enterbt.

Der Erblasser verfügt: "Ich setze meine langjährige Lebensgefährtin Luise Fleischer zu meiner Alleinerbin ein." Damit sind die Kinder des Erblassers automatisch enterbt und erhalten den Pflichtteil.

Es gibt zwei Ausnahmen, in denen es ohne Enterbung den Pflichtteil gibt: Der Pflichtteilsergänzungsanspruch steht auch einem Erben zu.5 Er muss sich lediglich dasjenige anrechnen lassen, was er über seinen Pflichtteil hinaus geerbt hat.6 Die zweite Ausnahme ist ein Erbe, der beschränkt oder beschwert ist, wenn er die Erbschaft ausschlägt (dazu gleich).

Erbe mit Beschränkungen oder Beschwerungen (§ 2306 BGB)

Es gibt im Pflichtteilsrecht eine gemeine Falle. Der Erbe kann in einem Maß mit Vermächtnissen, Auflagen, einer Testamentsvollstreckung oder einer Nacherbschaft beschwert sei, dass er von dem Erbe nichts hat. In diesen Fällen ist er mit seinem Pflichtteilsanspruch besser dran als mit dem belasteten Erbe. Nach § 2306 BGB muss das Erbe ausgeschlagen werden, damit man den Pflichtteilsanspruch geltend machen kann. Versäumt der Erbe die Erbausschlagungsfrist, erhält er unter Umständen weniger als seinen Pflichtteil.

Der einzige Sohn des Erblassers ist im Testament als Alleinerbe eingesetzt. Zusätzlich vermacht der Erblasser seiner Freundin seine Immobilie, die zugleich das wesentliche Vermögen darstellt. Der Sohn erhält den Pflichtteil von 1/2 nur dann, wenn er die Erbschaft ausschlägt. Sonst erhält er den kläglichen Rest, vom Wert er Immobilie aber gar nichts.

Pflichtteilsentziehung

Der Erblasser kann dem Pflichtteilsberechtigten in Ausnahmefällen den Pflichtteil entziehen. Diese Fälle sind selten, aber sie kommen doch immer wieder vor. Dazu das Gesetz:

§ 2333 BGB Entziehung des Pflichtteils
(1) Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling
1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils.

Der Erblasser entzieht den Pflichtteil in seinem Testament. Wichtig ist, dass auch die Gründe für die Pflichtteilsentziehung in das Testament geschrieben werden müssen.7 Hierzu ist ein gewisser Aufwand erforderlich. Ich helfe Ihnen gern. Wird einem Kind der Pflichtteil entzogen, kommen dessen Abkömmlinge als weitere Pflichtteilsberechtigte zum Zug und können ihrerseits den Pflichtteil geltend machen.8 Man sollte also nicht denken, dass mit so einer Pflichtteilsentziehung das Thema Pflichtteil für den gesamten Stamm erledigt ist.

Was ist der ordentlicher Pflichtteilsanspruch?

Der ordentliche Pflichtteilsanspruch ist der Kern des Pflichtteilsrechts. Der ordentliche Pflichtteilsanspruch besteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte enterbt ist.9 Der Erblasser kann den Pflichtteilsberechtigten ausdrücklich enterben oder er kann einfach andere Personen als Erben einsetzen. Der Pflichtteilsberechtigte erhält als ordentlichen Pflichtteilsanspruch einen Geldbetrag in der Höhe seiner Pflichtteilsquote. Dieser Geldbetrag wird aus dem sogenannten Reinnachlass (= Wert der Nachlassgegenstände minus Nachlassverbindlichkeiten) berechnet. Dabei ist der Nachlass zum Zeitpunkt des Erbfalls maßgeblich.10 Der ordentliche Pflichtteilsanspruch wird aus dem gezahlt, was beim Erbfall da ist. Spätere Veränderungen wirken sich nicht aus. Frühere Abflüsse spielen hier ebenfalls keine Rolle (es sei denn, es gibt ein Rückforderungsrecht).

Der Erblasser hinterlässt einen Netto-Nachlass von 200.000 €. Er setzt seine Tochter als Alleinerbin ein und enterbt seinen Sohn. Der Sohn hat einen ordentlichen Pflichtteilsanspruch von 1/4 = 50.000 €.

Was ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Kann der Erblasser den Pflichtteilsanspruch einfach dadurch aushebeln, dass er sein Vermögen verschenkt? Nein, das kann er nicht - zumindest nicht ohne Weiteres. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch beteiligt den Pflichtteilsberechtigten an Gegenständen, die der Erblasser verschenkt hat. Damit wird verhindert, dass der Erblasser kurzfristig Gegenstände verschenkt, um den ordentlichen Pflichtteilsanspruch zu umgehen. In den meisten Fällen schmilzt der Wert des Geschenks jedoch jedes Jahr um ein Zehntel ab.11 Im Gegensatz zum ordentlichen Pflichtteilsanspruch muss der Pflichtteilsberechtigte für den Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht enterbt sein. Dies ergibt sich aus dem Gedanken, dass der Pflichtteilsberechtigte auch dann vor einer Aushöhlung des Nachlasses geschützt werden muss, wenn er Erbe wird. Ist der Nachlass zum Beispiel leer, weil der Erblasser vor seinem Tod sein einziges Grundstück verschenkt hat, so würde ein Abkömmling als Erbe noch nicht einmal seinen Pflichtteilsanspruch erhalten. Deshalb steht ihm der Pflichtteilsergänzungsanspruch zu.

Was ist eine Schenkung?

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch setzt eine Schenkung voraus. Eine Schenkung hat drei Elemente:
  • eine Entreicherung beim Schenker,
  • eine Bereicherung beim Beschenkten und
  • die subjektive Vorstellung über die Unentgeltlichkeit.
Wenn der Beschenkte eine Gegenleistung erbringen muss, die hinter dem Wert des Geschenkts zurückbleibt, spricht man von einer gemischten Schenkung. In diesem Fall knüpft der Pflichtteilsergänzungsanspruch nur an den unentgeltlichen Teil des Rechtsgeschäfts an.

Schenkung eines Autos, Schenkung eines Sparbuchs, Grundstücksschenkung (ggf. unter Zurückbehaltung eines Wohnungsrechts oder Nießbrauchs und gegen Pflegeverpflichtung und Grabpflegeverpflichtung), Lebensversicherung mit Bezugsrecht

Wer muss den Pflichtteilsergänzungsanspruch bezahlen?

Zur Pflichtteilsergänzung ist zunächst (nur) der Erbe verpflichtet. Er muss dafür den gesamten Nachlass einsetzen. Ist er selbst pflichtteilsberechtigt, darf er allerdings soviel zurückbehalten, wie sein eigener Pflichtteilsanspruch und Pflichtteilsergänzungsanspruch betragen würden.12 Ist der Erbe zur Pflichtteilsergänzung nicht (mehr) verpflichtet, so besteht der (restliche) Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten.13 Der Anspruch gegen den Beschenkten beschränkt sich allerdings im Grundsatz auf die Herausgabe des Geschenks und nicht auf eine Geldzahlung. Der Beschenkte kann die Herausgabe jedoch durch eine Zahlung abwenden.14

Sonderfall: Lebensversicherung mit Bezugsrecht

Bei einer Lebensversicherung kann man einen Bezugsberechtigten für die Leistung im Todesfall benennen. Erblasser benennen dafür regelmäßig ihren Ehegatten, Lebensgefährten oder ein Kind. Der Bezugsberechtigte erhält die Versicherungsleistung dann am Nachlass vorbei. Die Versicherungssumme fällt nicht in den Nachlass. Das heißt aber nicht, dass der Pflichtteilsberechtigte nichts erhält. Vielmehr liegt im sogenannten Valutaverhältnis zwischen Erblasser und Bezugsberechtigten eine Schenkung vor. Diese Schenkung führt zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch. Pflichtteil bei Lebensversicherung Der BGH entschied, dass sich die Pflichtteilsergänzung nicht aus der Versicherungssumme, sondern aus dem Rückkaufswert am Todestag berechnet. Diese Entscheidungen erfuhren in der juristischen Literatur heftige Kritik. Es muss sich noch zeigen, ob sich die Rechtsprechung verfestigt oder ob sie korrigiert wird.

Was ist der Zusatzpflichtteil?

Der Zusatzpflichtteil spielt in der Praxis kaum eine Rolle. Mit diesem Anspruch wird die Lücke aufgefüllt, wenn jemand als Erbe zu einer Quote eingesetzt wird, die unter seiner Pflichtteilsquote liegt.

Wie berechnet sich der Pflichtteil?

Wie berechnet sich der Pflichtteilsanspruch?

Die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs kann relativ einfach, aber auch sehr schwierig sein. Dies hängt davon ab, wie sich der Nachlass zusammensetzt und ob rechtliche Besonderheiten vorliegen. Auch hier gilt: Verzweifeln Sie nicht! Ich helfe Ihnen gern. Im Grundsatz errechnet sich der Pflichtteilsanspruch nach der einfachen Formel

Pflichtteilsanspruch = Pflichtteilsquote x (Nachlassgegenstände - Nachlassverbindlichkeiten).

Schwieriger wird es, wenn sogenannte Ausgleichungspflichten eingreifen. Ein Beispiel hierfür ist, dass ein Abkömmling zu Lebzeiten vom Erblasser eine Ausstattung in Form eines Grundstücks erhalten hat. Dadurch verschiebt sich im Ergebnis die Erbquote und damit auch die Pflichtteilsquote.15

Was gehört zum Nachlass?

Die Höhe des Pflichtteilsanspruch bemisst nach dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls.16 Hierbei tritt oft Streit auf, ob bestimmte Gegenstände zum Nachlass gehören oder nicht. Zum einen kann aus tatsächlichen Gründen fraglich sein, ob der Gegenstand dem Erblasser gehörte. Zum anderen gibt es Gegenstände, die bereits rechtlich nicht als Nachlassgegenstände oder Nachlassverbindlichkeiten eingeordnet werden.
Folgende Nachlassgegenstände sind beispielsweise zu Gunsten des Pflichtteilsberechtigten anzusetzen:
  • Bargeld
  • Kontovermögen, Depots
  • Sonstige Forderungen des Erblassers
  • Grundstücke, Erbbaurechte
  • Unternehmensbeteiligungen
  • Sonstige Sachen des Erblassers
  • Beamtenrechtliche Beihilfeansprüche (Ansprüche auf Erstattung von medizinschen Kosten, die zu Lebzeiten des Erblassers verauslagt wurden)17
  • Umstritten ist, ob eine noch nicht angenommene Erbschaft oder ein noch nicht angenommenes Vermächtnis, das sich im Nachlass befindet, zu Gunsten des Pflichtteilsberechtigten zu berücksichtigen ist.18
  • Auflösend bedingte Rechte, bei Eintritt der Bedingung hat eine Ausgleichung zu erfolgen19
Keine Nachlassgegenstände sind
  • Ansprüche aus Lebensversicherungen oder Bausparverträgen, die aufgrund eines Bezugsrechtes auf einen Dritten übergehen (Allerdings können hier Pflichtteilsergänzungsansprüche entstehen.)
  • Aufschiebend bedingte Rechte, bei Eintritt der Bedingung hat eine Ausgleichung zu erfolgen20
  • Gegenstände, für die ein gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht erklärt wurde (notarielle Form!21)
Folgende Nachlassverbindlichkeiten sind im Pflichtteilsrecht vom Nachlasswert abzuziehen:
  • Beerdigungskosten22
  • Darlehen, Bankschulden
  • Sonstige Verbindlichkeiten des Erblassers
  • Unterhaltsrückstände und bestimmte Unterhaltsansprüche, die durch den Tod des Erblassers nicht erlöschen
  • Zugewinnausgleichsanspruch des überlebenden Ehegatten, wenn dieser enterbt ist oder die Erbschaft oder ein Vermächtnis ausschlägt und den Zugewinnausgleich fordert23
  • Offene Steuerschulden des Erblassers, jedoch nicht die latente Ertragssteuer, die durch die Aufdeckung stiller Reserven bei der Veräußerung eines Unternehmens oder Mitunternehmeranteils des Erblassers entsteht.
  • Rückforderungsansprüche des Sozialhilfeträgers nach § 102 SGB XII24
  • Erbenhaftung nach § 35 Absatz 1 Satz 1 SGB II ("Hartz IV")
  • Kosten für die Ermittlung der Nachlassgläubiger
  • Kosten der Wertermittlung des Nachlasses25
  • Auflösend bedingte Verbindlichkeiten, bei Eintritt der Bedingung hat eine Ausgleichung zu erfolgen26
  • Arzt- und Krankheitskosten (Wenn ein Erstattungsanspruch gegen eine Krankenversicherung besteht, ist dieser als Nachlassgegenstand anzusetzen.)
Nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten im Pflichtteilsrecht gehören:
  • Grabpflegekosten, da diese erst nach der Beerdigung entstehen und nicht zu den Beerdigungskosten gehören.27 Anders, wenn der Erblasser zu Lebzeiten einen Bestattungsvertrag abgeschlossen hat, der die Grabpflege mit enthält. Eine Mindermeinung will auch die Grabpflegekosten zu den Beerdigungskosten zählen.28
  • Kosten der Testamentsvollstreckung, es sei denn, dass diese dem Pflichtteilsberechtigten Ausnahmsweise einen Vorteil verschaffen
  • Kosten für die Testamentseröffnung und den Erbschein, weil diese bei gesetzlicher Erbfolge nicht entstehen würden29
  • Anwaltskosten des Erben im Streit mit dem Pflichtteilsberechtigten
  • Vermächtnisse, Anspruch auf den Dreißigsten nach § 1969 BGB
  • Aufschiebend bedingte Verbindlichkeiten, bei Eintritt der Bedingung hat eine Ausgleichung zu erfolgen30
  • Grundschulden auf Grundstücken, die zum Nachlass gehören, solange die tatsächliche Inanspruchnahme unsicher ist.31

Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch wird unter Einbeziehung der Schenkung berechnet. Oftmals genügt die Formel Wert des Geschenks x Pflichtteilsquote. Der Rechenweg ist jedoch komplexer. So wird das Geschenk zum Nachlass hinzuaddiert und daraus die Pflichtteilsquote ermittelt.32 Dies wirkt sich aus, wenn der verbleibende Nachlass überschuldet ist. Dann reduzieren die Schulden auch den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Zu beachten ist weiterhin, dass bei Todesfällen seit dem 01.01.2010 das sogenannte Abschmelzungsmodell gilt. Danach reduziert sich der Wert des Geschenks - abgesehen von Ausnahmefällen - jedes Jahr seit der Schenkung um 1/10.33 Nach zehn Jahren findet keine Pflichtteilsergänzung mehr statt34, es sei denn die Schenkung erfolgte an den Ehegatten des Erblassers oder der Erblasser hat sich Nutzungsrechte zurückbehalten.

Und so geht die Abschmelzung:
Datum der Schenkung:
Erbfalldatum:
Wert der Schenkung:
Nach Abschmelzung:

Anrechnung von Vorempfängen

Wenn der Pflichtteilsberechtigte vom Erblasser Geschenke erhalten hat, muss er sich diese im Regelfall auf seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch anrechnen lassen,35 nicht aber auf seinen ordentlichen Pflichtteilsanspruch.36 Der Erblasser kann aber vor oder bei der Schenkung anordnen, dass dass Geschenk auch auf den ordentlichen Pflichtteilsanspruch angerechnet werden muss. Der Erblasser kann auch anordnen, dass das Geschenk überhaupt nicht, also auch nicht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch anzurechnen ist. Die Anrechnung berechnen Sie am besten mit meinem interaktiven Nachlassverzeichnis.

Ausgleichung

Wenn Erblasser einem Abkömmling bestimmte Zuwendungen machen, müssen diese später beim Erbfall ausgeglichen werden. Dies führt dazu, dass die Abkömmlinge gleich behandelt werden. Die Miterben, die zu Lebzeiten nichts erhalten haben, erhalten beim Erbfall mehr, der andere Abkömmling erhält dafür weniger. Die Ausgleichung muss man auch im Pflichtteilsrecht beachten. Die Berechnungen werden dadurch deutlich schwieriger. Auszugleichen sind insbesondere Ausstattungen. Weiterhin findet die Ausgleichung statt, wenn der Erblasser dies bei einer Zuwendung anordnet ("Anrechnung auf den Erbteil").

Hier habe ich ein Skript zur Berechnung der Ausgleichung unter Miterben erstellt.

Weiterhin wird die Ausgleichung in meinem interaktiven Nachlassverzeichnis berücksichtigt.

Rückschenkung

Manchmal verschenkt der Erblasser einen Gegenstand an eine Person zurück, von der er ihn zuvor als Geschenk erhalten hat. Dann entsteht bei den Beteiligten häufig die Fehlvorstellung, dass sich die beiden Schenkungen aufheben. Im Gesetz ist für diesen Fall jedoch keine Ausnahme vorgesehen. Auch aus der Rückschenkung entstehen Pflichtteilsergänzungsansprüche. Das Landgericht Berlin bestätigte dies in einem Grundurteil vom 28.09.2010.37

Wert der Nachlassgegenstände

Am Ende ist die Pflichtteilsberechnung eine Rechenaufgabe. Zum Rechnen braucht man Zahlen. Und das kann ein großes Problem werden. Der Pflichtteilsberechtigte trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für den Wert der Nachlassgegenstände.38 Da es ihm aber nicht zuzumuten ist, auf Verdacht Werte zu benennen und auf dieser Basis eine Klage zu erheben, gibt ihm das Gesetz einen Wertermittlungsanspruch. Der Pflichtteilsberechtigte kann vom Erben die Ermittlung des Wertes der Nachlassgegenstände verlangen.39 Praktisch bedeutsam ist dies vor allem bei Grundstücken, Kunstgegenständen und Unternehmensbeteiligungen. Hierüber wird in der Regel auf Kosten des Nachlasses ein Sachverständigengutachten angefertigt. Leider weicht die Qualität der Gutachten stark voneinander ab. Das beginnt bereits bei der Feststellung der Anknüpfungstatsachen. Bei der Bewertung eines Hausgrundstücks muss der Sachverständige dieses persönlich besichtigen.40
Verkauft der Erbe den Gegenstand allerdings zeitnah, so ist nicht der vom Gutachter ermittelte Wert, sondern der tatsächlich Verkaufspreis maßgeblich, solange keine besonderen Umstände vorliegen.41 Diese besonderen Umstände können darin liegen, dass sich die Sache seit dem Tod des Erblassers verändert hat. Sie können auch darin liegen, dass der Erbe verdeckte Nebenabreden getroffen hat. Dann steht allerdings ein Betrug im Raum. Die Darlegungs- und Beweislast für die besonderen Umstände trägt der Pflichtteilsberechtigte.42
Wurde ein Grundstück nach dem Erbfall verkauft, stellt sich die Frage, ob der Pflichtteilsberechtigte trotzdem ein Sachverständigengutachten verlangen kann. Diese Frage wurde vom OLG Frankfurt a.M. mit einer sehr knappen Begründung bejaht.43 Das OLG Frankfurt a.M. meint, das Sachverständigengutachten diene auch dazu, dass der Pflichtteilsberechtigte prüfen kann, ob besondere Umstände vorliegen, nach denen ausnahmsweise nicht der tatsächliche Verkaufspreis maßgeblich ist. Das kann man auch anders sehen. Der Pflichtteilsberechtigte kann die besonderen Umstände auch so mitteilen. Und zumindest wenn er danach gefragt wird, wird er dies auch tun müssen. Der Sachverstand eines Grundstückgutachters ist hierfür nicht erforderlich. Nur wenn tatsächlich besondere Umstände vorliegen, muss ein Sachverständiger ermitteln, in welchem Maß sich diese auswirken.

Muss der Erbe Belege vorlegen?

Ein wichtiger Streitpunkt besteht häufig in der Frage, ob der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegen den Erben auf Vorlage von Belegen hat. Für den Pflichtteilsberechtigten stellt sich häufig die Frage, ob er den Angaben des Erben vertrauen muss oder ob er zusätzlich die Vorlage von Belegen verlangen kann. Diese Frage wird vom Erben gerne verneint. Ein Argument dafür ist, dass § 2314 Absatz 1 Satz 2 BGB auf § 260 BGB verweist. In § 260 BGB ist im Gegensatz zu § 259 Absatz 1 BGB keine Pflicht zur Vorlage von Belegen enthalten. § 260 BGB sagt allerdings auch nicht, dass keine Belege vorzulegen sind.

§ 259 BGB Umfang der Rechenschaftspflicht (hier nicht anwendbar)
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.

§ 260 BGB Pflichten bei Herausgabe oder Auskunft über Inbegriff von Gegenständen (hier anwendbar)
(1) Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestands vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen den Bestand so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) Die Vorschrift des § 259 Abs. 3 findet Anwendung.

Ein begrenzter Anspruch auf die Vorlage von Belegen wird aus dem Wertermittlungsanspruch in § 2314 Absatz 1 Satz 2 BGB abgeleitet. Der Pflichtteilsberechtigte kann nicht nur die Bewertung durch einen Sachverständigen verlangen, sondern er kann auch die Herausgabe aller notwendigen Unterlagen und Informationen verlangen, damit er den Nachlassgegenstand selbst bewerten kann.44 Die Rechtsprechung erkennt einen Anspruch auf Vorlage von Belegen an, wenn zum Nachlass ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung gehört. In diesem Fall muss der Erbe die Geschäftsunterlagen vorlegen, die den Pflichtteilsberechtigte in die Lage versetzen, die Wertermittlung selbst vorzunehmen oder vornehmen zu lassen.45 Aber dieser Anspruch bezieht sich eben nur auf einen Teil der Belege.

Eine neuere Ansicht argumentiert, dass sich ein Anspruch auf Belegvorlage aus § 2314 BGB herleiten lässt.46 Leider steht auch in § 2314 BGB nichts von Belegen.
Es gibt für den Pflichtteilsberechtigten jedoch eine Möglichkeit, wenigstens Einsicht in die Belege zu erhalten. Nach § 2314 Absatz 1 Satz 2 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass er bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses hinzugezogen wird. Für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses ist die Auswertung der Belege erforderlich. Deshalb darf sie der Pflichtteilsberechtige in diesem Zusammenhang einsehen.47 Dagegen sträubt sich ein Teil der Literatur mit dem Argument, dass damit das Recht zur Sichtung der Belege "durch die Hintertür" eingeführt würde.48 Allerdings kann so nur derjenige argumentieren, der sich seine Meinung schon gebildet hat, bevor er das Gesetz befragt hat. Denn aus dem Gesetz ergibt sich nun einmal das Hinzuziehungsrecht und das wäre sinnlos, wenn der Pflichtteilsberechtigte nur aus der anderen Ecke des Raumes mit dem Fernglas zusehen dürfte.

Wann verjährt der Pflichtteilsanspruch?

Der Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren ab Kenntnis vom Erbfall und von der Enterbung, immer zum Jahresende. Kenntnisunabhängig verjährt der Anspruch 30 Jahre nach dem Erbfall.49
Wichtige Ausnahme: Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen den Beschenkten verjährt bereits taggenau nach drei Jahren (und zwar kenntnisunabhängig). Dieser Anspruch greift ein, wenn der Nachlass nicht genügt, um die Pflichtteilsergänzungsansprüche zu bezahlen.

Wenn der Nachlass für die Pflichtteilsergänzungsansprüche aber ausreicht, dann beginnt deren Verjährung erst mit der Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von der jeweiligen Schenkung.50 Es gilt allerdings eine Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren (§ 199 Absatz 3a BGB).
Pflichtteil VerjährungsrechnerVerjährungsrechner
Möchten Sie wissen, wann Ihr Pflichtteilsanspruch verjährt? Dann benutzen Sie dazu bitte meinen Verjährungsrechner.

Die Verjährung führt dazu, dass der Pflichtteilsberechtigte kein Geld erhält. Der Erbe kann das Geld dann behalten. Aus diesem Grund besteht eine häufige Strategie der Erben darin, einfach abzuwarten.

Zur Verhinderung der Verjährung müssen Sie einen Mahnbescheid beantragen oder eine Klage einreichen. Meist ist die Klage der richtige Weg. Möglich ist es auch, dass der Erbe auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Diesen Verzicht sollte man aber rechtzeitig verlangen, damit man dann noch Zeit für die Klage hat.

Wie setze ich meinen Pflichtteilsanspruch durch?

Der Pflichtteil kommt nicht von allein. Der Pflichtteilsberechtigte muss etwas tun. Sonst verjährt der Anspruch irgendwann und der Erbe kann das Geld behalten. Der Pflichtteilsberechtigte kann zunächst Auskünfte in Form eines Nachlassverzeichnisses verlangen. Er kann dieses Nachlassverzeichnis auch in notarieller Form verlangen. Zudem kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass er bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses zugezogen wird. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass der Wert der Nachlassgegenstände auf Kosten des Nachlasses ermittelt wird. Irgendwann liegen dann (im Idealfall) alle Informationen vor und der Pflichtteilsberechtigte kann seinen Anspruch berechnen.

Bitte nutzen Sie dieses Muster und folgen Sie dieser Anleitung, um Ihren Pflichtteilsanspruch durchzusetzen. Dieses Muster enthält eine Stufenmahnung.

Stufenmahnung

Wichtig ist, dass Sie den Erben bereits im ersten Schreiben zur Zahlung des Pflichtteils auffordern, der sich aus den noch zu erteilenden Auskünften errechnet. Diese unbezifferte Mahnung nennt man Stufenmahnung. Dadurch gerät der Erbe in Verzug und schuldet ab diesem Zeitpunkt Verzugszinsen. Ich erlebe es in meiner Praxis häufig, dass nur die Auskunft gefordert wird. Die Zahlung wird dann teilweise erst Jahre später gefordert. Dadurch werden zum Teil erhebliche Beträge verschenkt.

Durchsetzung vor Gericht

Wenn der Erbe nicht "mitspielt", dann müssen Sie Ihre Ansprüche mit Hilfe des Gerichts durchsetzen. Das Nachlassgericht interessiert sich nicht für Pflichtteilsansprüche. Das richtige Gericht ist das Landgericht, wenn der zu erwartende Pflichtteilsanspruch über 5.000 € liegt, andernfalls das Amtsgericht. In den meisten Fällen erhebe ich zur Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche eine Stufenklage. Damit wird zunächst die Auskunft, dann ggf. die eidesstattliche Versicherung, dann Wertermittlung und zuletzt Zahlung verlangt. Für eine isolierte Auskunftsklage gibt es nur selten gute Gründe, weil dort die Verjährung droht, wenn es zu lange dauert. Falls ausreichend Kenntnisse vorhanden sind, kann man auch sofort auf Zahlung klagen. Aber auch das ist selten.

Eidesstattliche Versicherung

Wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt hat, muss der Erbe eine eidesstattliche Versicherung abgeben. Der Pflichtteilsberechtigte muss darlegen und beweisen, dass Grund zu der Annahme besteht, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt hat.

Die Kosten der eidesstattlichen Versicherung muss der Pflichtteilsberechtigte bezahlen (§ 261 Absatz 2 BGB). Hier können Sie die Kosten berechnen:
Gegenstandswert:

(Hier erscheint das Ergebnis, wenn Sie einen Gegenstandswert eingeben.)

Was ist, wenn der Erbe lügt?

Was ist, wenn der Erbe lügt? Was ist, wenn der Erbe Nachlassgegenstände oder Schenkungen verschweigt? Dann haben Sie es schwer. Wenn der Erbe falsche Ausküfte erteilt, ist das ein versuchter Betrug. Wenn er eine falsche eidesstattliche Versicherung abgibt, ist das ebenfalls strafbar. Leider besteht bei den Staatsanwaltschaften die Tendenz, alles einzustellen, was nur entfernt nach Erbrecht riecht. Zudem gibt es Richter, die irgenwann "kurzen Prozess" machen und den Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten "abwürgen". Nichtsdestotrotz macht es Sinn, den Auskunftsanspruch konsequent zu verfolgen und anschließend die eidesstattliche Versicherung zu verlangen. Viele Erben verlieren irgendwann den Überblick und verstricken sich in Widersprüche. Dann kann der Pflichtteilsberechtigte mit dem arbeiten, was ihm der Erbe gegeben hat. Es kann helfen, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein notarielles Nachlassverzeichnis verlangt. Ich habe schon erlebt, dass gute Notare weitere Nachlassgegenstände aufgedeckt haben. Meistens muss der Pflichtteilsberechtigte dem Notar dazu die nötigen Anregungen geben.

Wie erstelle ich ein Nachlassverzeichnis?

Es gibt zwei Gründe, warum Sie ein Nachlassverzeichnis erstellen sollten. Als Erbe sind Sie dazu verpflichtet, wenn der Pflichtteilsberechtigte ein Nachlassverzeichnis verlangt. Als Pflichtteilsberechtigter empfiehlt es sich, die Auskünfte des Erben in ein eigenes Nachlassverzeichnis zu übertragen, damit Sie den Überblick behalten und damit Sie eigene Berechnungen durchführen können.

Das Nachlassverzeichnis ist der Kern jeder Auseinandersetzung über den Pflichtteilsanspruch. Deshalb haben Sie hier auf der Webseite die Möglichkeit, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. Sie können sämtliche Nachlassgegenstände aufnehmen und die erforderlichen Berechnungen durchführen.

Hier können Sie ein Nachlassverzeichnis online erstellen.

Lesen Sie dazu auch den Ratgeber zum Nachlassverzeichnis.

Was ist ein Pflichtteilsverzicht?

Der Pflichtteilsberechtigte kann nach dem Erbfall jederzeit formfrei auf seinen Pflichtteilsanspruch oder Teile davon verzichten. Das ist mit dem Pflichtteilsverzicht aber nicht gemeint. Der Pflichtteilsverzicht ist der Verzicht auf den Pflichtteil, solange der Erblasser noch lebt. Im Gesetz wird der Pflichtteilsverzicht als Unterfall des Erbverzichts genannt.51

Der Pflichtteilsverzicht muss notariell beurkundet werden.52 Der Erblasser muss bei der Beurkundung persönlich anwesend sein.53 Der Pflichtteilsberechtigte kann sich hingegen vertreten lassen.

Nach dem Pflichtteilsverzicht besteht kein Pflichtteilsrecht mehr. Wenn nichts anderes vereinbart wird, erstreckt sich der Pflichtteilsverzicht auch auf die Abkömmlinge.54

Der Pflichtteilsverzicht kann gegenständlich beschränkt werden, zum Beispiel nur auf Pflichtteilsergänzungsansprüche aus einer konkreten Grundstücksübertragung. Er kann auch bedingt erklärt werden. Zum Beispiel erklären Kinder einen Pflichtteilsverzicht unter der auflösenden Bedingung, dass sie Schlusserben nach dem Tod des zweiten Elternteils werden.

Was muss ich bei der Gestaltung eines Testaments beachten?

Der Pflichtteil ist Pflicht. Er lässt sich in vielen Fällen nicht auf legalem Weg ausschließen. Es gibt legale Wege, mit denen Sie den Pflichtteil reduzieren können. Sie müssen dafür aber meist andere Interessen opfern.

So verlieren Sie mit einer lebzeitigen Schenkung auch den Gegenstand und gefährden Ihr Versorgungsinteresse. Eine Vor- und Nacherbfolge führt (auch in der befreien Variante) zu gewissen Beschwerlichkeiten für den Erben.

Schenkung - mit warmer Hand geben

Eine Volksweisheit besagt, man solle mit warmer Hand geben und nicht mit kalter Hand. Darin steckt auch für das Pflichtteilssrecht viel Wahrheit. Eine Schenkung an die Kinder führt zur Abschmelzung. Die Schenkung reduziert den Pflichtteil jedes Jahr um 1/10, wenn es sich nicht gerade um eine Schenkung an den Ehegatten oder eine Schenkung unter Genussverzicht (Nießbrauch oder Wohnungsrecht am ganzen Haus) handelt. Die Schenkung hat aber auch einen großen Nachteil: Was weg ist, ist weg. Oder wie der Volksmund sagt: Geschenkt ist geschenkt und wiederholen ist gestohlen. Deshalb sollten Sie in keinem Fall voreilig Gegenstände verschenken, die Sie für Ihre eigene Altersversorgung benötigen. In diesen Fällen empfehle ich Ihnen vorher eine Erstberatung.

Pflichtteilsstrafklausel beim Berliner Testament

Ein Berliner Testament ist eine häufige Gestaltung. Ehegatten wollen sich zunächst zu Alleinerben einsetzen. Die gemeinsamen Kinder sollen erst nach dem Tod des zweiten Ehegatten erben. Das bedeutet aber zugleich, dass die Kinder beim Tod des ersten Ehegatten enterbt sind und den Pflichtteil fordern können. Deshalb muss ein Berliner Testament immer eine Pflichtteilsstrafklausel enthalten, um die Kinder davon abzuhalten.

Pflichtteilsstrafklausel
Wenn einer unserer Abkömmlinge seinen Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des Erstversterbenden gegen den Willen des Überlebenden geltend macht, dann erhält er sonst nichts mehr. In diesem Fall erhalten die anderen pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge nach dem Tod des Erstversterbenden ein Vermächtnis in Höhe ihres Pflichtteilsanspruchs. Dieses Vermächtnis ist erst mit dem Tod des Letztversterbenden fällig.

Künstliche Erhöhung des Pflichtteils vermeiden

Pflichtteil bei einseitigem Kind - Stammbaum Ein einseitiges Kind erhält den Pflichtteil nur aus dem Vermögen seines Elternteils. Bei einer ungünstigen Gestaltung kann es aber passieren, dass dieses Kind auch am Vermögen des Ehegatten teilhat. Wenn sich die Ehegatten zu Alleinerben einsetzen, befindet sich nach dem ersten Erbfall das gesamte Vermögen beim überlebenden Ehegatten. Die Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des überlebenden Ehegatten berechnen sich dann aus dem gesamten Vermögen. Dieses Ergebnis kann man durch eine Vor- und Nacherbschaft, durch Vermächtnisse und durch eine Nießbrauchslösung vermeiden.

In der obigen Skizze erhält der Pfichtteilsberechtigte 1/4 des Gesamtvermögens, also 50.000 €. Mit den genannten Gestaltungen lässt sich der Pflichtteilsanspruch auf 25.000 € reduzieren.

Wichtig ist bei der Testmentsgestaltung, dass die Pflichtteilsansprüche bedacht werden. In vielen Fällen sind die zu zahlenden Beträge überschaubar, wenn man darauf vorbereitet ist (z.B. 1/8, wenn ein Ehegatte in Zugewinngemeinschaft und zwei Kinder vorhanden sind, von denen eines den Pflichtteil fordert).

Wenn Sie weitere Hilfe benötigen, empfehle ich Ihnen eine Erstberatung.

Ihr

Dr. Thomas Papenmeier 
1 § 2317 Absatz 1 BGB.
2 § 2303 Absatz 1 Satz 1 BGB.
3 § 2309 BGB.
4 § 2303 Absatz 1 Satz 1 BGB.
5 § 2326 Satz 1 BGB.
6 § 2326 Satz 2 BGB.
7 § 2336 Absatz 2 Satz 1 BGB.
8 § 2309 BGB; OLG Hamm, Urteil vom 26.10.2017 - I-10 U 31/17.
9 § 2303 Absatz 1 Satz 1 BGB.
10 § 2311 Absatz 1 Satz 1 BGB.
11 § 2325 Absatz 3 Satz 1 BGB.
12 § 2328 BGB.
13 § 2329 Absatz 1 Satz 1 BGB.
14 § 2329 Absatz 2 BGB.
15 § 2316 Absatz 1 Satz 1 BGB.
16 § 2311 Absatz 1 Satz 1 BGB.
17 BVerwG, Urteil vom 29.04.2010 - 2 C 77/08 - ZEV 2011, 590.
18 Dafür: Leve, ZEV 2010, 75.
19 § 2313 Abatz 1 BGB.
20 § 2313 Abatz 1 BGB.
21 § 2348 BGB.
22 § 1968 BGB.
23 § 1371 Absätze 2 und 3 BGB.
24 § 102 Absatz 2 Satz 1 SGB XII.
25 § 2314 Absatz 2 BGB.
26 § 2313 Abatz 1 BGB.
27 OLG Schleswig, Urteil vom 06.10.2009 - 3 U 98/08 - ZEV 2010, 196 (197).
28 LG Heidelberg, Urteil vom 31.05.2011 - 5 O 306/09 - ZEV 2011, 583.
29 OLG München, Urteil vom 04.04.2012 - 3 U 4952/10 - Rn. 31; OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.10.2009 - 3 U 98/08 - Rn. 45 f.
30 § 2313 Abatz 1 BGB.
31 BGH, Urteil vom 10.11.2010 - IV ZR 51/09 - Rn. 7.
32 § 2325 Absatz 1 BGB
33 § 2325 Absatz 3 Satz 1 BGB.
34 § 2315 Absatz 3 Satz 2 BGB.
35 § 2327 Absatz 1 Satz 1 BGB.
36 § 2315 Absatz 1 BGB.
37 LG Berlin, Urteil vom 28.09.2010 - 2 O 287/10 - BeckRS 2011, 00896.
38 BGH, Beschluss vom 25.11.2010 - IV ZR 124/09 - ZEV 2011, 29.
39 § 2314 Absatz 1 Satz 2, 2. Hs. BGB.
40 OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.04.2020 - I-7 U 62/19.
41 BGH, Beschluss vom 25.11.2010 - IV ZR 124/09 - ZEV 2011, 29.
42 BGH, Beschluss vom 25.11.2010 - IV ZR 124/09 - ZEV 2011, 29 (30).
43 OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.05.2011 - 1 U 249/10 - ZEV 2011, 379 mit zustimmender Anmerkung Schneider.
44 Schneider, ZEV 2011, 353 (354); Roth, NJW-Spezial 2011, 487.
45 BGH, Urteil vom 10.07.1975 - II ZR 154/22 - NJW 1975, 1774, Rn. 23.
46 Dr. Fleischer, Vorsitzender Richter am OLG Düsseldorf, bei seinem Vortrag zum Erbrechtstag in Berlin am 16.03.2013.
47 Fleischer/Horn, ZErb 2013, 105 (108).
48 Kind, ZErb 2018, 139 ( 141).
49 § 199 Absatz 3a BGB.
50 BGH, Urteil vom 27.03.1996 - IV ZR 185/95; OLG München, Urteil vom 22.11.2021 - 33 U 2768/21.
51 § 2346 Absatz 2 BGB.
52 § 2348 BGB.
53 § 2347 Absatz 2 BGB.
54 § 2349 BGB.

Erbrechtskanzlei Papenmeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Dr. Thomas Papenmeier