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Erbrechtskanzlei Papenmeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht



Wohnung im Erbrecht

Nach dem Tod des Erblassers stellt sich die Frage, was mit seiner Wohnung und den darin befindlichen Sachen passieren soll. Wenn der Erblasser nicht alleine gewohnt hat, will in der Regel ein Ehegatte, Lebensgefährte oder Kind die Wohnung übernehmen. In anderen Fällen geht es darum, dass die Wohnung schnellstmöglich beräumt und an den Vermieter zurückgegeben wird. Teilweise verschwinden Gegenstände aus der Wohnung vorschnell, teilweise möchte sich niemand mit dem "Gerümpel" des Erblassers abgeben.

Eintritt in ein Mietverhältnis

Wenn der Mieter stirbt, geht das Mietverhältnis nicht zwangsläufig auf die Erben über. Vielmehr sieht das Gesetz Fälle vor, in denen andere Personen in das Mietverhältnis eintreten.

§ 563 BGB Eintrittsrecht bei Tod des Mieters
(1) Der Ehegatte, der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, tritt mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein. Dasselbe gilt für den Lebenspartner.
(2) Leben in dem gemeinsamen Haushalt Kinder des Mieters, treten diese mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte eintritt. Der Eintritt des Lebenspartners bleibt vom Eintritt der Kinder des Mieters unberührt. Andere Familienangehörige, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führen, treten mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis ein, wenn nicht der Ehegatte oder der Lebenspartner eintritt. Dasselbe gilt für Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen.
(3) Erklären eingetretene Personen im Sinne des Absatzes 1 oder 2 innerhalb eines Monats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, dem Vermieter, dass sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen, gilt der Eintritt als nicht erfolgt. Für geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen gilt § 210 entsprechend. Sind mehrere Personen in das Mietverhältnis eingetreten, so kann jeder die Erklärung für sich abgeben.
(4) Der Vermieter kann das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.
(5) Eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters oder solcher Personen, die nach Absatz 1 oder 2 eintrittsberechtigt sind, ist unwirksam.
§ 563a BGB Fortsetzung mit überlebenden Mietern
(1) Sind mehrere Personen im Sinne des § 563 gemeinsam Mieter, so wird das Mietverhältnis beim Tod eines Mieters mit den überlebenden Mietern fortgesetzt.
(2) Die überlebenden Mieter können das Mietverhältnis innerhalb eines Monats, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen.
(3) Eine abweichende Vereinbarung zum Nachteil der Mieter ist unwirksam.

Kündigung eines Mietvertrages durch die Erben des Mieters

Wenn alle Erben des Mieters einen Mietvertrag kündigen, gibt es keine besonderen Probleme. Es kommt jedoch auch vor, dass nur eine Mehrheit der Erben den Mietvertrag kündigt. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof, dass auch eine Mehrheit der Erben einen Mietvertrag kündigen kann.1 In dem Urteil ging es um eine Erbengemeinschaft aus drei Personen. Zum Nachlass gehörte eine Immobilie, die zu einer sehr geringen Miete vermietet war. Zwei der drei Erben kündigten den Mietvertrag mit einer Mehrheit von 3/4 der Erbteile. Der dritte Erbe weigerte sich mitzuwirken. Später stand im Streit, ob die Kündigung wirksam war. Nach der Ansicht des BGH kommt es darauf an, ob die Kündigung im konkreten Einzelfall einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses entspricht.

Kündigung eines Mietvertrages durch den Vermieter

Nach dem Tod des Mieters kann der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich kündigen, wenn das Mietverhältnis nicht kraft Gesetzes mit anderen Personen als den Erben fortgesetzt wird.

§ 564 BGB Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben, außerordentliche Kündigung
Treten beim Tod des Mieters keine Personen im Sinne des § 563 in das Mietverhältnis ein oder wird es nicht mit ihnen nach § 563a fortgesetzt, so wird es mit dem Erben fortgesetzt. In diesem Fall ist sowohl der Erbe als auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats außerordentlich mit der gesetzlichen Frist zu kündigen, nachdem sie vom Tod des Mieters und davon Kenntnis erlangt haben, dass ein Eintritt in das Mietverhältnis oder dessen Fortsetzung nicht erfolgt sind.

Des Weiteren werden häufig nach dem Tod des Mieters die Mietzahlungen eingestellt. Auch daraus erwächst dem Vermieter ein außerordentliches Kündigungsrecht nach den allgemeinen Regeln. Sind die Erben des Mieters bekannt, so muss der Vermieter gegenüber allen Erben kündigen und die Räumung und Herausgabe der Mietsache verlangen. Sind jedoch die Erben oder ein Teil der Erben unbekannt, so benötigt der Vermieter einen Nachlasspfleger. Gegenüber dem Nachlasspfleger kann der Vermieter kündigen und von ihm die Mietsache herausverlangen. Die Nachlassgerichte hatten die "Marotte" entwickelt, die Bestellung eines Nachlasspflegers davon abhängig zu machen, dass der Vermieter darlegt, dass der Nachlass werthaltig ist oder selbst einen Vorschuss von bis zu 1.000 € zahlt. Die neuere Rechtsprechung vertritt nun, dass der Nachlasspfleger auch dann zu bestellen ist, wenn dessen Kosten am Ende der Staatskasse zur Last fallen.2 Das Nachlassgericht darf die Nachlasspflegschaft nicht lediglich auf die Entgegennahme der Kündigung beschränken.3 Der Vermieter hat nach der Beendigung des Mietverhältnisses weitere Ansprüche, zum Beispiel auf die ordnungsgemäße Rückgabe der Wohnung. Ohne Mitwirkung eines Nachlasspflegers könnte der Vermieter die Wohnung nicht in Besitz nehmen. Vielmehr muss der Nachlasspfleger die Wohnung herausgeben oder der Vermieter muss den Nachlasspfleger auf Herausgabe der Wohnung verklagen.

Kein Besitzrecht des Lebensgefährten an der Wohnung des Erblassers

Steht bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die gemeinsame Wohnung im Alleineigentum eines Lebensgefährten, ist dies für den anderen mit erheblichen Risiken verbunden. Der Bundesgerichthof entschied, dass die Wohnungsüberlassung nur auf rein tatsächlicher Grundlage geschehe. Der andere Lebensgefährte habe deshalb kein Recht zum Besitz der Wohnung.4 Dies hat zunächst die Folge, dass der Wohnungseigentümer den anderen Lebensgefährten jederzeit vor die Tür setzen kann. Der andere Lebensgefährte kann den Besitz an der Wohnung aber auch verlieren, wenn er gar nicht damit rechnet. Im Fall des Bundesgerichtshofs war der Wohnungseigentümer an Demenz erkrankt. Er musste in ein Pflegeheim umziehen und es wurde ein Betreuer bestellt. Dieser Betreuer verlangte sodann vom anderen Lebensgefährten die Räumung und Herausgabe der Wohnung. Mit Erfolg! Überdies musste der andere Lebensgefährte eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zahlen, weil er die Wohnung nicht umgehend nach dem Verlangen des Betreuers geräumt hatte. Die Lebensgefährten hätten dies verhindern können, wenn sie rechtzeitig einen Vertrag abgeschlossen und eine Vorsorgevollmacht erteilt hätten. Nach dem Tod des Wohnungseigentümers ist die Situation ähnlich. Die Erben müssen dem anderen Lebensgefährten für 30 Tage den Besitz der Wohnung weiter gewähren.5 Danach können sie die Herausgabe und Räumung der Wohnung verlangen. Auch hier können die Lebensgefährten dies nur verhindern, wenn sie rechtzeitig Vorsorge durch einen Vertrag oder ein Testament treffen.
1 BGH, Urteil vom 11.11.2009 - XII ZR 210/05 - ZEV 2010, 36.
2 OLG Hamm, Beschluss vom 05.01.2010 - 15 W 383/09; OLG Dresden, Beschluss vom 09.12.2009 - 3 W 1133/09.
3 OLG München, Beschluss vom 30. März 2012 – 31 Wx 81/12.
4 BGH, Urteil vom 30.04.2008 - XII ZR 110/06.
5 § 1969 Absatz 1 Satz 1 BGB.

Erbrechtskanzlei Papenmeier

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Dr. Thomas Papenmeier